Die EU-Zahlungsverzugsverordnung nimmt Fahrt auf
Bereits im April auf der Agenda des EU-Parlaments: die geplante EU-Zahlungsverzugsverordnung, die nicht nur hierzulande auf viel Kritik stieß. Immerhin kommt es offenbar nicht so drastisch wie im Entwurf vorgesehen.
Seit vergangener Woche ist der Weg ins EU-Parlament frei: Mit der Stellungnahme des „Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz“ (IMCO) zur geplanten EU-Zahlungsverzugsverordnung nimmt das Vorhaben nun die nächste Hürde. Für den 22. April ist die Plenarsitzung angesetzt. Vielen (aber nicht allen) Unternehmern dürfte ein Stein vom Herzen fallen, dass die 30-Tage-Zahlungsfrist auf Empfehlung des Ausschusses aufgeweicht werden soll.
EU-Zahlungsverordnung: 30 Tage für (fast) alle
In der Summe lassen sich die Reaktionen auf den im Herbst 2023 bekannt gewordenen Vorschlag 2023/0323 zum Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr so zusammenfassen: Eine sinnvolle Initiative, dass die EU kleine und mittlere Unternehmen schützt – aber nicht auf diese Weise. Ein fixes Zahlungsziel für Geschäfte innerhalb der EU von 30 Tagen, gepaart mit einem Bürokratiemonster zur Überwachung der Zahlungsfristen: Das ging vielen zu weit.
Anhand einiger Branchen wie dem saisonabhängigen Reifenhandel oder Gartenbedarf zeigten auch wir, dass eine bindende Zahlungsfrist von 30 Tagen nicht nur am Markt vorbei ist, sondern schlichtweg zu große Kapitalmengen erfordere und so ganze Absatzwege lahmlegen würde. Die Verordnung könnte für einen Wettbewerbsnachteil von Unternehmen der EU sorgen und sogar die Sicherheit der Lieferketten gefährden.
Die nun vorgeschlagene Variante der EU-Zahlungsverordnung ist moderater ausgefallen. Offenbar hat der Ausschuss die Argumente aus Politik, Medien und Wirtschaft geprüft und in seine Empfehlungen einfließen lassen. Aus unserer Sicht sind dennoch weitere Nachschärfungen und Sonderlösungen nötig.
Das sieht der IMCO-Ausschuss vor
Flexiblere Fristen für bestimmte Produkte
Eine wesentliche Kritik richtete sich gegen die fehlende Flexibilität von Unternehmen, ihre Zahlungsfristen auf branchen-, länder- oder marktspezifische Bedürfnisse auszurichten.
- Wie im ersten Entwurf soll grundsätzlich ein maximales Zahlungsziel von 30 Tagen gelten. Aber: Wenn dies ausdrücklich vereinbart ist, können Zahlungsziele auf bis zu 60 Tage ausgedehnt werden.
- Im B2B-Handel mit besonderen Produktgruppen sollen auch 120-Tage-Fristen vereinbart werden dürfen. Dies betrifft beispielsweise Saisonartikel oder Waren, die sich üblicherweise nur langsam abverkaufen. Ein Buch beispielsweise liegt meist länger im Laden als ein Stück Butter. Es dauert, bis der Händler seine Einnahmen verbuchen kann. Diesen Marktbedingungen will man offenbar gerecht werden und längere Zahlungsfristen erlauben.
- Der IMCO-Ausschuss formuliert dazu den Auftrag an die EU-Kommission, einheitliche Leitlinien zu verfassen, auf welche Produkte die längere Zahlungsfrist angewendet werden darf.
Einfache Gebührensätze
Kompliziert erschien auch das Gebührenmodell, nach dem säumige Schuldner künftig mit Verzugszinsen und Entschädigungszahlungen belegt werden sollten. Hier schlägt der Ausschuss nun eine feste Tabelle für die Entschädigungszahlungen vor: Zwischen 50 und 150 Euro maximal sollen die Schuldner zahlen. Sie sollen schlichtweg die Inkassokosten für den Gläubiger ausgleichen.
Der Ausschuss hat den aktualisierten Berichtsentwurf mit 33 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen angenommen. Auf der Plenarsitzung vom 22. bis 25. April 2024 wird der Entwurf zur Abstimmung gestellt. Dann pausiert das Verfahren bis zu den Europawahlen Anfang Juni, das neu gewählte Parlament wird die Fäden dann wieder aufnehmen.
Unser Fazit
Mit der neuen Fassung der Zahlungsverzugsverordnung werden viele Unternehmen leben können. Dennoch bringt sie einige unter Druck – insbesondere die Unternehmen, die lange Zahlungsziele maßgeblich zur Finanzierung nutzen. Nicht jedem dieser Marktteilnehmer wird es gelingen, die Finanzierungslücke zu schließen.
Auch aus unserer Sicht unverständlich bleibt, dass bonitätsstarke Unternehmen, die kleineren und mittleren Unternehmen freiwillig lange Zahlungsziele geben möchten – auch als Bestandteil Ihrer Marketing- und Absatzstrategie – gezwungen werden, dieses Angebot einzustellen. An dieser Stelle tritt der gegenteilige Effekt auf: KMUs werden eben nicht geschützt. Die Bedingungen, zu denen sie Waren abnehmen, verschlechtern sich. Das Risiko eines Forderungsausfalls verlagert sich so auf die KMUs, die nicht von der neuen Regelung profitieren können und deren Liquidität und Bonität sich nicht verbessert.
Unklar bleibt auch, wie Konzerne den Mehrbedarf an liquiden Mitteln decken werden. Eine Kreditversicherung wird während der Einführungsphase der Zahlungsverzugsordnung wichtiger denn je sein. Wir raten Unternehmern auch, ihre Lieferanten im Blick zu behalten. Aktuell sind wir vom Schutzwirkung der Verordnung auf die Lieferketten nicht überzeugt.
Die Zahlungsverzugsordnung wird den Markt verändern, und die verbleibenden Lücken wird der Markt selbst schließen müssen. Für einiges gibt es bereits Lösungen, andere sind in Planung. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, unseren Kunden möglichst vielfältige Lösungen für die unterschiedlichen Lücken bereitzustellen. Fragen Sie uns, gerne stellen wir Ihnen unsere Ansätze vor. Bitte beachten Sie, dass es bei einer EU-Verordnung keine Phase der nationalen Gesetzgebung gibt: Sie tritt zu einem einheitlichen Stichtag sofort EU-weit und in vollem Umfang in Kraft. Wann dieser Stichtag ist, wann diese Verordnung also für alle rechtsverbindlich wird, wissen wir noch nicht.
Die Wa-Ka Gruppe steht für den Ansatz, Risiken rechtzeitig zu erkennen, zu bewerten und abzusichern. Mit uns sind Sie gewappnet, wenn die Verordnung gültig wird.
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