EU-Zahlungsverzugsverordnung: Viel Lärm um nichts?

Knapp zwei Jahre ist es her, dass sich das EU-Parlament mit der geplanten EU-Zahlungsverzugsverordnung beschäftigte. Übrig ist nichts als ein Stoß Gegenargumente und Kompromissversuche. Es scheint, als könne das Vorhaben vorerst als gescheitert abgehakt werden.

Eine einheitliche Zahlungsfrist von 30 Tagen für alle Unternehmen und Organisationen innerhalb der EU: Das war der Kernpunkt der EU-Zahlungsverzugsverordnung. Gleichzeitig sollten ein verbindliches Regelwerk geschaffen, verpflichtende Zins- und Strafzahlungen bei Zahlungsverzögerungen eingeführt und anfangs sogar nationale Durchsetzungsbehörden aufgebaut werden.

EU-Zahlungsverzugsverordnung

Kritik aus der Wirtschaft

Wollte man hier mit einer ganzen Feuerwehr ein brennendes Streichholz löschen? Nicht wenige Wirtschaftsvertreter verurteilten den Entwurf der Zahlungsverzugsverordnung als praxisfern, regelungswütig und bürokratieaufblähend.  Einige deutsche Verbände etwa aus dem Handel mit Saisonartikeln oder sogenannten Langsamdrehern wie Büchern kritisierten, die Verordnung schränke die Vertragsfreiheit ein, vernachlässige branchenspezifische Anforderungen und gefährde gar die Finanzierung von Lieferungen. (Mehr dazu lesen Sie hier.)

Dabei war die Verordnung einst aus rein positiven Absichten heraus entwickelt worden: Besonders kleine und mittlere Unternehmen wollte man vor Zahlungsverzögerungen und -ausfällen schützen – schließlich, so die Begründung der Initiatoren der Late Payment Directive, seien diese besonders insolvenzgefährdet, wenn die eigene Liquidität durch zu späte Zahlungen ins Wanken gerät. Zudem wollte man die KMU vor harschen Verhandlungen mit großen, marktvorherrschenden Unternehmen schützen.

Es ging der Europäischen Kommission also schlichtweg darum, die Zahlungsmoral EU-weit zu verbessern – mit einem besonders schützenden Blick auf die KMU. Dass sich die geforderten einheitlichen 30 Tage nicht für jedes Unternehmen in jedem EU-Staat und in jeder Branche gleich eignen, hatten die EU-Abgeordneten jedoch offenbar nicht im Blick. Nach einigen Monaten der Kritik führte eine Plenarsitzung im April 2024 schließlich zu einer Lockerung des Entwurfs. Diese Fassung – die Einzelheiten hatten wir Ihnen seinerzeit hier zusammengefasst – sollte in den Europäischen Rat gehen.

Das vorläufige Aus im Europäischen Rat

Doch anscheinend scheiterte der Entwurf nun im Europäischen Rat. An den bekannten Kritikpunkten hatte sich nichts verändert, wie wir aus einer News der ICISA – International Credit Insurance & Surety Association – entnehmen konnten. Und die Ängste der Mitgliedstaaten, die Late Payment Directive würde zu stark mit bestehender nationaler Gesetzgebung kollidieren, waren groß.

Zum Ende der Ratspräsidentschaft Polens informierte der polnische Vertreter Michał Baranowski am 22. Mai 2025 in Brüssel seine Ministerkollegen über den Stand der Dinge: Der Rat habe in dieser Sache die Einschätzungen von Wirtschaftsvertretern angehört und konkrete Kompromisse vorgelegt. Allerdings habe man wegen des beharrlichen Widerstands der meisten Mitgliedsstaaten keine Fortschritte erzielen können. Baranowski schließt mit den Worten: „Unabhängig von diesem Ergebnis ist aber eines gewiss: Zahlungsverzug muss angegangen werden, denn er bremst Investitionen – gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen.“ Es blieb nichts weiter, als für die Zusammenarbeit zu danken und dem dänischen Ratspräsident – begleitet von leisem Gelächter im Saal – viel Glück zu wünschen. 

Sitzung ansehen

Die Sitzung des Europäischen Rats, an der die Wirtschaftsminister der EU-Staaten teilnehmen, ist öffentlich. Sie können sich die Gespräche auf der Website des Rates ansehen und sich so selbst einen Eindruck von der Arbeit in Brüssel und Straßburg machen. Hier gelangen Sie direkt zur Sitzung am 22. Mai 2025. Es steht der Originalton sowie die Simultanübersetzung in zahlreiche Sprachen zur Verfügung. Die "kurze Übergabe" der Zahlungsverzugsverordnung beginnt ab Timecode 13:01, Tagesordnungspunkt "AOB: Current legislative proposals".

Wir werden den Sitzungskalender und seine Themen weiter im Blick behalten –  gehen aber davon aus, dass die Verordnung zunächst nicht weiter diskutiert wird. Nachvollziehbar, immerhin ist auch das Parlament nach der Neuwahl anders besetzt. Und: Die europäische Wirtschaftspolitik steht längst vor anderen schwierigen Aufgaben. Dies zeigt nicht nur unser täglicher Blick in die Nachrichten, dies belegen auch Stichworte wie Verteidigungshaushalt oder Wettbewerbsfähigkeit in den aktuellen Protokollen und Planungspapieren des Rats.

Zahlungsverzug bleibt ein Thema – Eigenverantwortung gefragt

Ein offenbar gescheitertes Gesetzesvorhaben löst dennoch nicht das Problem schlechter Zahlungsmoral und ihrer Folgen. Tatsächlich sind die Risiken heutzutage sogar höher: Zahlungsverzögerungen, Zahlungsausfälle und Insolvenzen sind in den vergangenen Krisenjahren angestiegen. Bis sich die Politik jedoch wieder um dieses Thema (leidlich) kümmern wird, raten wir allen Unternehmen, sich selbst zu schützen: Mittels einer gründlichen Risikoprüfung, eines konsequenten Forderungsmanagements, ergänzenden Finanzierungsmöglichkeiten wie Factoring und einer soliden Absicherung durch eine Kreditversicherung.

Als Fachmakler können wir Sie fundiert informieren und gezielt unterstützen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie dank intelligenter, digitaler Analysen ihre Kunden und Risiken unter die Lupe nehmen, Zahlungsausfälle vermeiden und verbleibende Risiken versichern. Verstehen Sie uns, die Wa-Ka-Gruppe als strategischen Partner für Ihre finanzielle Stabilität. Mit oder ohne Zahlungsverzugsverordnung, und in jedem Fall individuell und praxistauglich. (Und schneller!)

Nehmen Sie Kontakt zu uns auf

Heiko Walter

Heiko Walter

Geschäftsführer
Wa-Ka Kreditversicherungsmakler GmbH
Wa-Ka Credit Solutions GmbH
Tel.: (0171) 7 64 44 22
E-Mail: walter(at)wa-ka.de

Jens Kammann

Geschäftsführer
Wa-Ka Kreditversicherungsmakler GmbH
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